Der bloggende Feminismus

So als Nachbereitung der re:publica und auch bezugnehmend auf ein gestern Abend geführtes Gespräch, möchte ich mich heute auf das Glatteis des bloggenden Feminismus wagen. Mann, äh, Frau möge bitte nachsichtig mit mir sein.

Feminismus, das ist doch das Ding, wo eine Gruppe optisch benachteiligter und/oder alternativ-esoterisch angehauchter Frauen kollektives wehklagen betreibt – dachte ich. Nun, das ist arg über den Kamm geschoren, aber es ist auch Wahrheit darin enthalten.

Auf der re:publica ging es beispielsweise um den Sexismus im Web. Dies aufgehängt auf der Tatsache, das die Mehrzahl der erfolgreichen Blogs von Männern betrieben wird. Und das hinter dem Phenomen der so genannten α-Blogger ein System männlicher Bevorzugung steht. Männliche Journalisten berichten lieber über männliche Blogger, genau, wie auch die männliche Vernetzung untereinander stärker sei. Ja, das ist ein Riesenproblem. Nur, ich kann das nicht nachvollziehen. Mir schmeckt das viel zu sehr nach Verfolgungswahn – vielleicht entspricht es aber auch nur einfach nicht meinem eigenen Weltbild.

Das Problem ist dennoch präsent, vermutlich unabsichtlich und zugleich mit großer Wahrscheinlichkeit thematisch basiert. Welche Themen werden von Männern für ihren Blog gewählt und welche von Frauen? Welche Reichweite steckt da wiederum dahinter? Genauso, wie man sich fragen darf, ob das Prinzip der Eigenwerbung von Mann und Frau gleichermaßen intensiv betrieben wird. Hier schätze ich persönlich viele Frauen sehr viel zurückhaltender ein. Aber, im Grundsatz haben sie die gleichen Chancen eine interessierte Öffentlichkeit, bestehend aus Männern und Frauen, anzusprechen. Davon bin ich überzeugt.

Um zurückzukommen zur re:publica – die von mir besuchte Session zum Thema Sexismus im Internet war eine der schlechtesten Sessions, die ich je besucht habe. Es wurde von der Bühne lautstark angeklagt und eine Szenerie der absichtlichen Unterdrückung der Frauen aufgemalt. Ich saß da und konnte das beim besten Willen nicht nachvollziehen, obwohl viele der vorgetragenen Argumente durchaus nachvollziehbar waren. Als ich mich umschaute, saß auch der Rest des Publikums mit recht zwiegespaltenen Gesichtern da. Da war einerseits der Wunsch nach Revolution und regulierter Gleichstellung und auf der anderen Seite mehr oder minder stark ausgeprägtes Unverständnis, so, wie auch bei mir. Ich glaube fest daran, dass man gerade als Bloggerin oder Blogger gleiche Ausgangsparameter in Bezug auf den Erfolg hat. Wer gut und interessant publiziert wird sich damit seine Leserschaft und Reichweite erarbeiten. Da gehören klare Gedanken in Bezug auf die Zielgruppe mit in die Planung des Blogs mit in die Überlegung. Marketing, wenn man so möchte. Und wer dann dauerhaft und mit viel Energie gut schreibt, der/die hat die Chance eine angemessene Dosis Ruhm und Ehre zu erfahren.

Ich finde Frauen und viele derer Gedanken ganz großartig und bin gerne bereit eine Diskussion über Feminismus zu führen. Das habe ich auch gestern Abend getan. Das war trotz eines von mir so empfundenen schwierigen Einstiegs interessant und hatte letztendlich viel mit dem bewussten Nutzen von Möglichkeiten zu tun. Was gar nicht dabei war, war das Klagelied, das auf der re:publica gesungen wurde. Es war ein lösungsorientierter Dialog, der aufzeigte, wie weit man kommen kann, wenn man Möglichkeiten gezielt identifiziert und nutzt. Und genau das ist vielleicht eine der Chancen, die der klagende Feminismus verpasst – er weigert sich die Chancen zu nutzen, die einen gewissen Grad an Anpassung erwarten. Kann man das so sagen? Ich würde es gerne hier mit Ihnen diskutieren und bin sehr neugierig auf die Reaktionen.