Es ist wie immer. Irgendwo findet ein medial beachtetes terroristisches Szenario statt und schon sind sie wieder da, die Vorratsdatenspeicherungs-Wünschelrutengänger. Das aktuelle Geschehen rund um Charlie Hebdo ist grausam und widerlich, daran gibt es nichts zu deuten. Deshalb jedoch wieder die freiheitlichen Grundrechte einzuschränken, dass kann nicht das Ziel sein. Zumal es in Frankreich, dem Tatort, ja bereist eine Masse an solchen Sicherheitsgesetzen gibt, die sich unter anderem auch einer Vorratsdatenspeicherung bedienen. Gebracht hat all das nichts, obwohl man im Nachhinein feststellen konnte, dass alle Täter in ihren Dateien aufgeführt waren.
Die Idee Straftaten durch Verhaltensbeobachtung vorhersagen zu können hat zweifelsfrei seinen Reiz. Ein Bild, dass fest in unseren Köpfen verankert ist, schließlich ist dieses Heldenepos des Weltretters in nahezu jedem Blockbuster enthalten. Im Film ist es auch ganz normal, dass beliebige Agenten in kürzester Zeit ein nahezu lückenloses Dossier über einen beliebigen Bürger anfordern können, inkl. Bankbewegungen und privaten Vorlieben. Es hat aber einen guten Grund, warum genau das nicht geht. Wir leben nicht in einem Überwachungsstaat, bei uns hat die Neugier des Staates sich an gewisse Regeln zu halten und wird von Postgeheimnis, dem Recht auf Privatsphäre und dem Grundgesetz geschützt.
Auf der anderen Seite stehen Aufklärer, die für die Gefahrenabwehr möglichst auf einen umfangreichen Datenbestand zugreifen möchten. Verständlich, denn nur anhand vorliegender Informationen lassen sich Ermittlungserfolge generieren, die über ein Geständnis oder ein Erwischen auf frischer Tat hinausgehen. Da gehört der Wunsch nach mehr Daten zum professionellen Anspruch, alles andere wäre verwunderlich.
Abwägung zwischen Sicherheit und Freiheit ist unzureichend
Die Frage, ob ich die Freiheit einschränken darf, um mehr Schutz zu gewährleisten ist schwer zu klären. In Frankreich, Schweden und anderen Ländern ist dieses Experiment nicht aufgegangen. Freiheit ist einer der elementaren Werte in der Demokratie. Wer unter dem Vorwand des Schutzaspektes anfängt seine Bevölkerung auszuforschen, der wird auch nicht lange brauchen diese Forschungsergebnisse anderwertig zu verwenden. Das zeigt sich schon an der unglücklichen gemeinsamen Zuständigkeit für Innenministerium und Verfassungsschutz. Beide stehen durchaus im Gegensatz zueinander, müssen sich aber dem Willen des jeweiligen Ministers unterordnen. Das kann auf Dauer nicht gut gehen.
Top 5 der Gefahren, die die Vorratsdatenspeicherung abwehrt: 1. 2. 3. 4. 5.
— Claudius Holler (@C_Holler) 17. Januar 2015
Nehmen wir die Metapher des Autofahrens. Jeder weiß, dass es gefährlich ist mit hoher Geschwindigkeit zu fahren. Jeder weiß, das jährlich viele Menschen im Straßenverkehr sterben. Dennoch möchte kaum jemand auf diese Art der Mobilität verzichten. Das Risiko ist akzeptiert. Gleiches sollte für das Risiko terroristischer Anschläge gelten. Niemand wird – selbst mit größten Anstrengungen – verhindern können, dass es zu solchen Szenarien kommt. Das ist schrecklich und entspricht nicht dem Konsens unserer Gesellschaft, die sich auf ein friedliches Miteinander geeinigt hat. Diesem Risiko mit einem generalverdachtsähnlichen Misstrauen gegen die Bevölkerung zu begegnen ist nur eine Behandlung der Symptome. Die Ursachen wird man so nicht bekämpfen, dazu müsste man die terroristischen Führer zunächst von unserem friedlichen Miteinander und dem Glauben an System und Gesetze überzeugen. Dabei geht es ausdrücklich nicht ums Missionieren.
Wer Freiheit für Sicherheit aufgibt, wird beides verlieren.
(Benjamin Franklin)