Eine Charakterfrage

Wir befinden uns im Bundestagswahljahr. Politische Stilblüten sind jetzt schon einige zu erkennen. Eine davon ist das Leistungsschutzrecht, welches den Zeitungsverlegern Nutzungsentgelt für die Einblendung Ihrer Inhalte in Suchmaschinen zusichern soll. Nahezu alle unabhängigen Gutachter sind sich einig, dass so ein Gesetz eher schaden als Nutzen würde, aber – wie bereits gesagt – wir befinden uns im Wahljahr, da erwartet man sich von einem Geschenk an die Verlage vielleicht ein Gegengeschenk im Sinne guter Presse. Den Beweis, dass das funktionieren könnte liefern die Verlage bereits mit, denn eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Leistungsschutzrecht ist in den beteiligten Titeln nicht zu finden. Wenn werden nur die eigenen Experten zitiert und das Bild in der öffentlichen Berichterstattung so im eignen Sinne manipuliert. Warum also nicht auch für jene, diese Subvention des Verlagswesens unterstützen? Eine spannende Frage in diesem absurden Spiel ist sicher auch, wie sie die SPD als Anteilseigner vieler Verlage in der Abstimmung verhält. Wir werden es sehen.

Die Wahl des geringeren Übels

Betrachten wir wieder die Bundestagswahl. Da hat man als Wähler die Wahl zwischen einer etablierten, aufgeräumten und amtierenden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und einem forschen, bisweilen sehr unglücklich agierenden Peer Steinbrück (SPD). Angela Merkel steht dabei für sich selbst, wie für die Partei. Daran gibt es dank vieler vertriebener Emporkömmlinge keine Frage. Ist Peer Steinbrück auch die SPD? Eher nicht, da gibt es ja noch Sigmar Gabriel, der als Parteivorsitzender ebenfalls zu gerne das Rampenlicht sucht und vermutlich nur mit großem Zaudern die Kanzlerkandidatur an Peer Steinbrück abgegeben hat. Ein gemischtes Doppel also in dem auch noch Frank-Walter Steinmeier mitmischt, der Verlierer der letzten Bundestagswahl – zugleich aber sicher der ausgewogenste der drei Kandidaten.

Die Charakterfrage

Beschäftigt man sich damit, welche charakterlichen Eigenschaften eine Kanzlerin oder ein Kanzler mitbringen müsse, so fallen wohl beide Kandidaten durch. Merkel, weil Sie es nicht schafft Visionen für die Fortentwicklung des Landes zu entwickeln und Steinbrück, weil er schon jetzt all zu oft über sein Macho-Gen stolpert, da hilft auch ein ebenfalls tölpelhaft soufflierender Sigmar Gabriel im Hintergrund nicht. Aber wie müsste unser Land geführt werden? Ich persönlich fände eine Strategie ganz sinnvoll, die natürlich immer wieder an das Realgeschehen angepasst sein müsste. Grundlegende Fragen müsste darin jedoch beantwortet sein: Wo wollen wir hin? Wie kommen wir mit unseren Mitteln klar? Wie kann die Belastung für die Bevölkerung möglichst gering gehalten werden? Wie kann man unnötige Regulierungen abbauen und die Bürger wieder dazu bringen eigene Entscheidungen mündig zu treffen? Welche Regulierungen sind notwendig, um die schadhaften Auswüchse der Kapitalmärkte im Griff zu behalten? Welche ethischen Werte sollen im Land verankert sein?

Beide Kandidaten vermitteln mir nicht, dass sie solche analytisch vorwärtsgewandten Überlegungen stützen und im Regierungsgeschehen der nächsten Jahre verankern wollen. Merkel steht für Stagnation und Reaktion, Steinbrück ersteht erkennbar für nichts klares, abgesehen vom zielsicheren Treffen von Fettnäpfen.

Die Wahl des geringeren Übels

Vor diesem Szenario ist es nicht unwahrscheinlich, dass auch die neue Regierung unter einer Kanzlerin Merkel ins Rennen geht. Ich kann heute schon die Gesänge hören, dass mit der Wahl die Politik der Bundesregierung bestätig wird und so fort. Aber, dass ist vermutlich eine Fehldeutung, wenn auch eine aus CDU-Sicht Willkommene. Die Schwäche der SPD sollte nicht mit eigenen Erfolgen verwechselt werden. Will Merkel tatsächlich die Geschicke unseres Landes prägen, sollte sie unbedingt eine vorwärtsgewandtere Politik betreiben und strategische Ziele ausgeben. Zugleich gilt es die eigenen Kader zu hinterfragen und mehr auf geschickte Sachpolitker zu setzen.

Die SPD hingegen sollte sich erneuern und selbst, wenn es zu einer Regierungsbeteiligung reichen sollte möglichst schnell eine neue Führung etablieren, die etwas mehr für Sachpolitik und weniger für laute Pauken- und Tubatöne steht. Ein Prozess, der gewiss mindestens eine Legislaturperiode dauern wird. Dann muss es aber auch klappen, denn 3 Legislaturperioden unter der gleichen Kanzlerin sind meines Erachtens mehr als genug. Das sollten wir aus der Vergangenheit gelernt haben.

Glück auf.