Grobe Unwählbarkeiten

Houston, wir haben ein Problem. Am 22. September ist Bundestagswahl. Wir haben die Wahl – besser die Qual. Nie war das politische Angebot derart widerlich. Nie waren die Unterschiede zwischen den Parteien marginaler. Im-Kopf-alte Leute bestimmen unser Land. Auch, wenn eine gewisse Seniorität in der Politik ganz angebracht erscheint.

SPD und CDU präsentieren uns Stand heute in weiten Teilen eine schlicht realitätsfremde und überholte Politik. Dazu kommen schlimme Kandidaten. Die Kandidatin Merkel ist so erschreckend schlecht in Ihrer Kanzler-Arbeit, dass man sie eigentlich aus dem Land jagen müsste – zumindest, wenn man die Geschichte mit dem Machterhalt ausklammert. Bei der SPD stehen der gescheiterte Niedersächsische Ministerpräsident und Pop-Minister Sigmar Gabriel und ein Tollpatsch Namens Steinbrück am Steuer. Der eine disqualifiziert sich durch seine Art. Der andere auch. Wobei der Zweite immerhin fachlich Kompetent erscheint, aber gerne in Fettnäpfchen investiert. Das ganze begleitet von einer schlimmen Werbekampagne.

Ich frage mich: Ist ein kompetenter Tollpatsch der Kandidat, den unser Land jetzt braucht? Oder darf es ein Schippchen mehr Talent sein?

Nicht wählen gehen?

Wenn man keine Wahl hat, braucht man auch nicht wählen. Klingt logisch, ist es auch. Nicht. Wer seine Stimme nicht benutzt, stärkt damit die Stimmen jener die ihre benutzen. Im schlimmen Fall sind das ganz rechte oder ganz linke Gesellen und -innen. Und die wollen wir wohl noch weniger als das, was wir schon haben oder nach dem Willen des Parteivorstandes der SPD bekommen sollen. Superunwählbar. Quasi.

Gelbgrüne Ansichten

Bleiben die beiden kleinen Parteien. Die eine wurde bei der letzten Bundestagswahl mit vielen Prozenten und vielen wirklich guten Ideen in die Regierung gehoben. Das Resultat kennen wir: Verkackt auf der ganzen Linie und ein dickes Führungsproblem. Den Grünen würde es vermutlich nicht viel anders ergehen. Auch sie haben ihre Ideale in einer Regierungsverantwortung schon verraten und die Beteiligung der Bundeswehr am internationalen Kriegsgeschehen durchgewunken.

Dabei sind es gerade die Ideale dieser beiden Parteien, die letztendlich den Unterschied machen könnten.

Mit groß geschriebenem „könnten“. Die FDP schreibt sich die Freiheit auf die Fahnen, die Grünen so etwas wie Nachhaltigkeit. Beides zusammen wäre ein aus meiner Sicht spannendes Wertegerüst auf dem man aufbauen könnte – wieder diese Möglichkeitsform. Die Arbeitsproben machen keinen Mut. Bei der FDP wird es in einer erneuten Regierungsverantwortung trotzdem nicht gelingen, da sie bereits mit vielen Prozentpunkten nichts haben bewegen können. Es ist wohl eine Illusion, dass nun mit einem Ergebnis knapp über der Fünf-Prozent-Hürde ein beeindruckenderes Ergebnis herauskommt. Leute, die Herren Rösler, Westerwelle, Brüderle, ihr habt es verkackt und sorgt damit weiter für politischen Verdruss – sehr nachhaltig. So deutlich muss man es leider sagen.

Und die Grünen? Die versuchen nun mit einem starren Gerüst an Regeln einen auf Law-and-Order alias Staatssanierer. Dabei geht Sanieren nur, wenn man den Staat verschlankt und nicht zusätzliche Verwaltung aufbaut. Es braucht dafür doch eher eine „im Kopf freie“ Bevölkerung, die selbst in der Lage ist Entscheidungen zu treffen. Die sich mit dem Nachbarn  streiten und wieder vertragen kann, ohne dafür ein Gericht zu bemühen. Die Bock hat sich zu engagieren, statt ständig nur irgendwelche Vorschriften vor den Kopf geknallt zu bekommen, die am Ende jegliches Engagement erwürgen. So eine freie Bürgerschaft wird mit den Grünen der aktuellen Farbgebung nicht so einfach zu realisieren sein. Da ist man gerne Konservativer als die Konservativen. Freiheit? Nein, Freiheit ist tatsächlich nicht das Programm der Grünen, eher die Idee einer lebenswerten Zukunft. Dazu benötigt es aber auch Freiheit – das wird all zu gern vergessen.

Beide zusammen, die Gelben und die Grünen … sind wir realistisch: Vermutlich würden sie sich des Nächtens duellieren.

Meine „Freunde“ aus dem Internet fragen sich auch Sachen

Wen soll ich wählen? Wen kann ich überhaupt noch wählen? Pest oder doch lieber Cholera? Überall ist Desillusion, Perspektivlosigkeit und Unverständnis über die politische Arbeit in diesem Land zu spüren. Fast täglich beginnen Diskussionen darüber, wie Politik sein müsste und versanden im nächsten Moment in den Totschlagargumenten der braven Parteisoldaten. Die meinen das zwar gut und sind ganz häufig auch noch brutal nette Menschen, nur, wenn sie unreflektiert die parteivorstandsformulierte Wahlprosa verbreiten, fördern Sie damit den Verdruss eher, statt ihn zu beseitigen. Es wird einfach nicht zugehört.

Mir wurde kürzlich wegen meiner Kritik an Merkel von einer motivierten, netten und jungen CDUlerin erwidert: Was ich denn wolle, unserem Land ginge es doch gut. Nun ja. Wir leben auf Pump, deutlich über unsere Verhältnisse. Sogar in einem sensationell erfolgreichen Jahr, wie dem vergangenem. Was für Jahre sollen denn da noch kommen, um tatsächlich mal von diesem Schuldenberg runter zu kommen? Bitte?

Darauf hat keine Partei eine Antwort. Die Parteien in Regierungsverantwortung schaffen es seit Dekaden nicht einmal so etwas elementares wie die Steuer zu reformieren. Oder fälschlich geöffnete Schlupflöcher bei Krankenversicherung und Rente für Selbstständige zu schließen. So kann eine Solidargemeinschaft nicht funktionieren, wenn die tendenziell größten Beitragszahler sich legal entziehen dürfen.

Ich habe Politikverdruss!

Viele andere auch. Kann man immer wieder lesen. Nur in den Parteizentralen nicht. die belügen sich lieber selbst, statt mal ein paar notwendige Entscheidungen zu treffen und sich in Führung und Denkweise zu erneuern. Da passt auch der Spähskandal ins Bild – wenn die Demokratie scheitert, was kommt dann? Gute Nacht!

Eins weiss ich immer noch nicht: Was zum Teufel soll ich am 22. September wählen?