In den vergangenen Tagen habe ich viel erlebt. Zeit, daraus mal wieder einen Blogeintrag zu gießen.
Zunächst hieß es fbcamp in Hamburg. Eine sehr gelungene Veranstaltung, die den Austausch der professionellen Facebook-Nutzer untereinander förderte. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, das Facebook selbst ja eher nicht für Kunden erreichbar ist. Für mich ging das einher mit einer guten Standortbestimmung für unser Unternehmen und natürlich sammelte ich verschiedene kleine Tipps und Tricks ein. Eine schöne Veranstaltung, die auf die re:publica einstimmte.
Höhepunkt in Berlin: Die re:publica 2012
Direkt im Anschluss an Hamburg ging es nach Berlin. Bei der re:publica traf sich 3 Tage lang alles, was im Social Web Rang und Namen hat. Die einen nennen das Klassentreffen, andere Klassenfahrt und die Medien, allen voran Spiegel Online berichteten auch fleissig darüber. Ich persönlich hatte dort großartige Momente mit netten Menschen und hier bereits die erste Erkenntnis: Ich habe Vorurteile. Dies trifft aus meiner individuellen Sicht einzelne Charaktere, die in der Szene meist in der zweiten Reihe stehen. Unsicher bin ich mir, ob das meine Art der Abgrenzung gegen diese Leute ist oder, ob ich ganz intuitiv aus dem Bauch heraus diese Vorurteile begründe. Sicher bin ich mir, dass mir deren Abgrenzungsgehabe nicht so gefällt. Auch sicher bin ich mir, dass man dennoch mit diesen Leuten viel Spaß haben könnte. Aber, aus Gründen passiert das eben nicht. Man steht sich vielleicht selbst im Wege. Ganz sicher ist es ein großartiges Schauspiel für all jene, die da nur draufschauen und das eitle Herumstolziere von außen betrachten dürfen.
Das ganze ist jedoch nur ein Teilaspekt, fast eine Fußnote, denn die re:publica lebte insbesondere von vielen großartigen Gesprächen. Seit längerer Zeit bin ich nicht mehr so motiviert von einer Veranstaltung nach Hause gekommen. Danke dafür an alle und die Initiatoren.
Digitale Gesellschaft
Kommen wir zurück zu den Initiatoren der re:publica. Einer von denen, Markus Beckedahl, ist einer gegen den ich große Vorurteile hegte. Die eben gewählte Vergangenheitsform ist schon ein Hinweis, das sich da etwas verändert hat. Er ist für mich immer noch nicht der Sympathiebolzen schlechthin, aber er verdient Respekt für ein beachtliches Engagement, unter anderem für den Verein Digitale Gesellschaft. Gerade jener Verein ist einer, den ich grundsätzlich sympathisch finde, zugleich aber auch sehr skeptisch betrachte. Hier nur einige Fragen, die mich immer wieder bewegen:
- Warum machen die das?
- Warum ist das nur so ein kleiner Zirkel?
- Wollen die sich nur selbst feiern?
- Was ist deren eigentliche Motivation?
- Warum erlauben die sich, für uns alle sprechen zu wollen?
Tatsächlich ist es so, dass der Verein ein beachtliches Engagement an den Tag legt, wie Markus Beckedahl auf einer Session während der re:publica eindrucksvoll präsentierte. Schon nicht schlecht, was die mit 30 Personen so reißen. Und auf einmal machen die wenigen Mitglieder Sinn, denn dadurch sind Entscheidungen einfach schneller herbeizuführen und man kann viel Effektiver arbeiten. Bleibt die Frage nach der eigentlichen Motivation, denn Beckedahl wird eine große Nähe zu den Grünen nachgesagt. Da liegt die Frage nahe, ob die Digitale Gesellschaft ein mehr oder weniger verdecktes Sprachrohr eben dieser Grünen sind. Warten wir mal ab, was die Digitale Gesellschaft Zukunft noch alles anstößt, ich durfte meine Meinung ja schon ein wenig verändern. Hier noch ein kleines Interview, das ich währen der re:publica mit Markus Beckedahl drehen durfte.
Unwählbar: Piraten
Kaum jemandem dürften entgangen sein, dass es gestern eine Landtagswahl gab. Auch hier wieder mit digitaler Beteiligung, schließlich sagt man den Piraten eine gewisse Kompetenz in diesem Bereich nach. Der Wahltag war dann irgendwann vorbei, es gab ein beachtliches Ergebnis für eben jene Piraten. Mit Folgen: Der Oberpirat durfte zum Jauch ins Fernsehen. Soweit alles verständlich. Der Auftritt des Johannes Ponader war jedoch schwierig. Leicht pomadig in definitiv unpassender Kleidung fleetzte er sich in die Talkshowsessel und präsentierte Sandale. Vieles von dem was er sagt war gar nicht dumm. Es wurde jedoch irgendwie dem Wunsch nach bewusstem Anderssein geopfert. Ein großes Problem der Piraten, die mit Liquid Democracy und mega demokratischen Verfahren ganz tolle Ideale Verfolgen und leider dennoch verkacken, weil sie unebdingt so anders sein wollen. Ich halte sie unteranderem deshalb für unwählbar.
Diese Partei hat aufgrund der unglaublich vielen Themen kein Profil. Wischiwaschi, quasi – oder altdeutsch, nichts halbes und nichts ganzes. Auch die Menge der Sozialversager (Menschen, die Ihr Leben nicht gesellschaftskonform geregelt bekommen) in ihren Reihen spricht aus meiner Sicht für sich. Will ich von so einem Verein regiert werden? Der Anderssein zum Wahlprogramm erhebt? Dessen Führungsetage nicht weiß, wann man sich zumindest ein wenig anpassen sollte?
Ich meine, neben einem Johannes Ponader gibt es ja auch noch Christopher Lauer, der teils grotesk und oft recht inhaltsleer durch die Talkshows tingelt und dort gerne den Rebellen mimt. Sind das die Anführer die wir Deutschland brauchten? Ich gebe zu, wir haben ja mit Angela Merkel jemandem im Staat, der lieber Dinge aussitzt, statt Lösungen zu erarbeiten. Nur heißt das Allheilmittel dagegen wirklich Piraten? Oder würde es vielleicht schon reichen, wenn die politische Klasse einfach mal wieder etwas pragmatischer agieren würde? Für mich wäre es ein Anfang.
Nun ja … lasst uns weiter wachsen.