Bis vor kurzem hätte keiner – nicht mal die Hardcore-Raucher unter uns – gedacht, dass wegen einer Aschewolke der gesamte Flugverkehr zum erliegen kommt. Fantastisch. Ein beeindruckendes Erlebnis. Und es war jetzt bereits das zweite Mal (nach 9/11), dass wir das hier in Europa erleben. Einen Kondensstreifen-freien Himmel. Mir gefällt das irgendwie, auch, wenn ich natürlich nicht in der Haut derer stecken möchte, die von funktionierenden Luftverkehrswegen abhängig sind.
So ein zwanghaft verlängerter Urlaub auf einer zauberhaften Südseeinsel … ja, das lässt man sich vielleicht noch gefallen. Es dürfte aber zugleich die romantisierte Vorstellung des Ganzen sein. Real stehen dahinter Jobängste, gescheiterte Messeauftritte und -Besuche, ja sogar ausgefallene Kultur. So konnten die Scorpions nicht in Minsk auftreten, weil der Drummer in LA festhing. Eine verrückte Geschichte, wie sie das Leben Zurzeit öfter zu schreiben scheint.
Ich frage mich nach dem Nutzen, dem Mehrwert dieses Geschehens. Natürlich wird den wohl jeder nur für sich selbst ausmachen können. Bei mir war es das tiefe Gefühl, die Welt wäre etwas entschleunigt. Das fand ich hochgradig sympathisch. Zugleich war es die Gewissheit, dass die Reise um die halbe Welt unter diesen Vorraussetzungen tatsächlich eine länger währende Geschichte ist. Auch diese Idee gefällt mir. Und das, obwohl ich ein großer Freund von Komfort und Fortschritt bin – jener ermöglicht es ja erst überhaupt in ein paar Stunden von hier nach weit weg zu kommen. Aber ich bin eben keiner dieser omnipräsenten Berater, die eben noch hier, dann schon dort und im nächsten Moment schon wieder auf einem anderen Flughafen unterwegs sind.
Was kann man mitnehmen?
Jeder für sich etwas anderes. Industrieunternehmen vielleicht, das es nicht ganz so doof ist, doch für einige Tage Teile zu lagern. Für Vielflieger vielleicht die beruhigende Gewissheit, dass es immer noch nicht normal ist, täglich mehrere tausend Kilometer hinter sich zu lassen. Für Autovermieter vielleicht die leeren Parkplätze vor der Tür. Für Himmelsgucker vielleicht ein klarer Himmel. Selbes vielleicht für Sternengucker. Und für alle vielleicht etwas mehr Zeit. Zeit zum reisen, Zeit zum nachdenken, Zeit für den eigenen Kopf. Was meinen Sie?
PS. Die Sache mit den Kondensstreifen. Heutzutage ist es ja völlig normal, dass unser Himmel ein vielfältiges Muster maschineller „Bemalung“ trägt – irgendwie hatte ich da immer den Vergleich mit den Windrädern vor Augen. Es ist noch gar nicht lange her, da war die Landschaft noch Windradfrei, ob uns das auch noch mal ereilt? 😉