Verschiedenen deutschen und internationalen Medien entnehmen wir seit einigen Wochen täglich neue Enthüllungen über die Intensität staatlicher Ausspitzelung im Internet. Allen voran Amerikaner und Briten überwachen demnach nahezu jegliche Form der Kommunikation über digitale Kanäle. Dazu zählen nicht nur Emails, sondern auch Telefonate, Videokonferenzen, die Nutzung von Social Networks und auch alle der so genannten Cloud Angebote, die intensiv von Unternehmen genutzt werden. Geheimnisse kann man vor diesem Hintergrund kaum noch wahren. Weder in einem privaten, noch in einem geschäftlichen Kontext.
Ich habe keine Geheimnisse
Die Dimension der Überwachung ist so gewaltig, dass selbst Internetprofis noch lernen, was das bedeutet oder bedeuten kann. Als Privatnutzer neigt man zu sagen, ich habe keine Geheimnisse, mir kann nichts passieren. Unternehmen betrachten das schon anders. Wenn ein fremder Staat plötzlich die Kommunikation mitlesen kann und vielleicht ein dortiges Unternehmen über sensible Informationen verfügen kann. Wirtschaftsspionage, da wird’s schon kniffeliger.
Aber auch die Privatperson leidet unter so einer Überwachung. Zunächst die Angst, plötzlich nicht mehr in die USA einreisen zu dürfen. Jeder hat da schon irgendwelche Horrorgeschichten gehört. Das kann schnell passieren, wenn man sich bei irgendeiner hitzigen Debatte vielleicht sogar ungewollt etwas zu amerikakritisch äußert. Peng. Sie kommen hier nicht rein!
Diese Dimension ist natürlich immer noch schwer zu fassen und man könnte dem Autor Verfolgungswahn vorwerfen. Darum möchte ich gerne das Thema der zwischenmenschlichen Beziehungen betrachten. Rund 43 Prozent der Deutschen gehen Fremd. Dieser Akt des Vögelns in fremden Betten wird aller Wahrscheinlichkeit nach von irgendwelchen Formen der Kommunikation begleitet. Das heimliche Telefonat, die heiße SMS oder die fantasiereich geschriebene Email – alles digitale Kanäle, alle überwachbar. Spätestens jetzt haben auch Privatpersonen etwas zu verlieren! Kleine Tat, große Wirkung, sie sind vielleicht erpressbar geworden. Das könnte der Anfang einer Karriere als inoffizieller Mitarbeiter einer fremden Regierung sein.
Fiktion? Keiner weiß, wie real diese Gefahr ist. Von der Hand zu weisen ist sie nicht. Gerade hier in Deutschland, wo ähnliche Methoden von der ostdeutschen Staatssicherheit praktiziert wurden, reagieren Teile der Bevölkerung besonders sensibel. Man hat quasi einen praktischen Erfahrungshintergrund – Repressalien inklusive.
Berichterstattung wird erschwert
Neben Privatleuten gibt es verschiedene Berufsgruppen, bei denen die Überwachung zu ungleich deftigeren Auswirkungen führen kann. Nehmen wir Anwälte, Ärzte oder auch Journalisten. Bei den einen gibt es per Gesetz Verschwiegenheitsverpflichtungen. Spätestens ab Kenntnisnahme der Überwachung verstoßen sie wissentlich dagegen, wenn sie auf irgendwelchen digitalen Kanälen darüber kommunizieren. Dabei ist das gelebt Praxis und in der heutigen Zeit unerlässlich. Hier können wir also ganz klar von einer großen Rechtsunsicherheit sprechen.
Für Journalisten ist es unerlässlich aus verschiedenen Quellen Informationen zu beziehen. Nur so ist eine mehr oder weniger neutrale Abwägung der Interessen und Informationen möglich. Besonders sensibel sind investigative Recherchen bei diesem Thema. Steht eine Publikation bevor, die evtl. einen Politiker in Bedrängnis bringt, so ist auch das von fremden Geheimdiensten vorher einsehbar. Der Betroffene könnte gewarnt werden. Oder es könnten aber aus „unbekannten“ Quellen plötzlich weitere Informationen auftauchen. Je nachdem, wie es der ausspähenden Macht gerade nützen würde. Das führt zu Steuerung der entscheidenden Akteure. Zugegeben, ein theoretisches, dennoch nicht von der Hand zu weisendes Szenario.
Wer zieht am Ende die Fäden?
Informationsvorsprung zu haben, bedeutet Vorteile zu haben. Jeder kennt die Schufa oder vielleicht sogar Creditreform. Letztendlich erfüllen auch diese Unternehmen genau diese Idee des Informationsvorsprungs und damit der Absicherung von Entscheidungen. Bereits jetzt spüren wir – so berechtigt sie auch seien – die Folgen davon. Bei der Wohnungssuche, bei dem Wunsch nach einem Kredit oder auch nur dem Ziel einen neuen Handyvertrag zu schließen.
Eine Zunahme dieser Bewertungen durch Informationsdatenbanken erfahren wir auf vielen Ebenen seit Jahren. Viele betreffen bereits existenzielle Bereiche. Nun droht eine Vervielfachung dieser Effekte mit Billigung der Bundesregierung.
Sie haben es in der Hand: Lassen Sie sich nicht die Fäden aus der Hand nehmen. Empören Sie sich!