Versicherungswerbung die nicht halten kann, was sie verspricht

Seit einigen Wochen werden wir im TV mit den neuen Werbespots der Ergo Versicherung angesprochen. Diese Spots halte ich grundsätzlich für sehr gelungen, deshalb zeige ich exemplarisch zwei der drei mir bekannten Spots:

Der Ansatz ist aus werblicher Sicht perfekt. Hier wird ein hoher Kundennutzen offeriert, der zugleich eine optimale Differenzierung zum Wettbewerb bedeutet. Besser kann man Werbung eigentlich nicht machen.

Die Versicherungsrealität sieht anders aus
Ein unüberschaubarer Wust an Kleingedruckten rechtfertigt in vielen Fällen einen wirksamen Leistungsausschluss. Das Ergebnis: Versichert und trotzdem nicht versichert. Wie konnte das passieren? Da wird in den gerne sehr komplizierten Antragsformularen aus Versehen an einer Stelle ein Kreuzchen vergessen oder auf Anraten des Vertreters dies oder jenes unter den Tisch fallen gelassen, was später als justiziabel verwertbarer Bumerang zurückkommt. Man hat das so unterschreiben und es gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Dann sind da noch die akzeptierten Versicherungsbedingungen. Bei meiner Versicherung bekomme ich die inzwischen auf einer CD-ROM, weil das Ausdrucken hunderte Seiten an bedrucktem Papier bedeuten würde. Mit meiner Unterschrift bestätige ich, dass ich die Versicherungsbedingungen zur Kenntnis genommen habe. Bullshit, „den möchte ich sehen“. Und ganz zum Schluss unterschreibe auch noch ein Beratungsprotokoll in dem ich auf Beratung verzichte, denn diese ganze Bürokratie nervt eigentlich nur. Der Versicherungsvertreter/-makler erhält so zugleich sein Persilschein und ist raus aus der Nummer. Eine tolle Welt.

Die Erlösung?
Jetzt kommt Ergo mit der Idee eines unkomplizierten und einfach verständlichen Services. Großartig, das ist sehr zu begrüßen und fast schon als Marktrevolution zu bewerten. Jedoch ist die bei mir geweckte Erwartungshaltung wohl kaum zu erfüllen:

  • Versicherungsbedingungen (Das berühmte Kleingedruckte): Gesetzlich verpflichtet
  • Beratungsprotokoll: Gesetzlich verpflichtet
  • Komplizierte Versicherungsmodelle: Nicht zu vermeiden

Der Gesetzgeber
Gerne bin ich gewillt der Ergo-Versicherung zu glauben, dass man seinen Kunden einfachere Produkte anbieten will. Es wird sicher auch ein oder zwei kleinere Versichungen geben, bei denen das funktioniert. Wer jedoch komplexere Versicherungen abschließen möchte, wie beispielsweise eine private Krankenversicherung oder eine fondsgebundene Lebensversicherung … da waren sie wieder, die vielen hundert Seiten an Kleingedrucktem. Der Gesetzgeber will es so und eine Versicherung wäre keine gute Versicherung, würde sie sich nicht maximal absichern wollen. Schließlich ist sie den Shareholdern verpflichtet und soll möglichst hohe Gewinne erwirtschaften.

Die heile Welt der Ergo-Werbung ist wünschenswert aber unglaubwürdig
Die Ergo Versicherung nutzt neben dem Fernsehen auch Social Media Kanäle für die aktuelle Kampagne. Mein lieber Kollege Tapio Liller hat sich mit diesen Aktivitäten bereits in seinem Blog beschäftigt (Zum Beitrag). Hier meldet sich in den Kommentaren auch eine Kommunikationsverantwortliche des Konzerns zu Wort, also gerne auch durch die Kommentare klicken.

Die heile Welt der Ergo ist aus Werbesicht eine gelungene Idee. Nur zu gerne wollen wir glauben, das Versicherungen so funktionieren können. Die reale Welt sieht anders aus, allein schon durch die vielen Vorgaben seitens des Gesetzgebers. Und so sehr man sich einem werblich versprochenen unkomplizierten Versicherungsgeschäft „auf Augenhöhe“ hingeben möchte … am Ende verdient immer die Versicherung.